Die verlorene Schneekugel!
Matthias ist ein Sammler. Er sammelt Spielzeugfiguren und schöne Steine. Aber am liebsten sammelt er Schneekugeln. Jedes Jahr zum Geburtstag und zu Weihnachten bekommt er eine neue Schneekugel geschenkt. Seine Sammlung umfasst bereits siebenundzwanzig Kugeln. Ab und zu bringt ihm seine Oma ganz besondere Kugeln aus entfernten Urlaubsländern. Sein Favorit ist eine Kugel aus Neuseeland. In dieser Kugel sieht man verschneite Berge und einen Sandstrand. Seine Oma hat ihm erzählt, dass es in Neuseeland in den luftigen Höhen kalt ist und Schnee liegt. Im Gegensatz dazu ist am Strand warmes Wetter und Sonne. Das findet Matthias sehr faszinierend. Wie kann es gleichzeitig Winter und Sommer sein? Irgendwann will er das selbst überprüfen, indem er Urlaub dort macht. Im Moment begnügt er sich mit dem Anblick der Schneekugel.
Eines Tages geht er seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Er sieht sich all seine unterschiedlichen Kugeln an. Aber die Neuseelandkugel fehlt auf dem Regal, wo er sie platziert hat. Das kann doch nicht wahr sein, denkt er bei sich. Vermutlich war sein kleiner Bruder Lars in seinem Zimmer und hat sie geklaut. Matthias geht mit rotem Kopf in die Küche zu seiner Mutter. „Mama, meine Neuseelandkugel ist weg!“ Matthias‘ Mutter dreht sich vom Abwasch weg zu ihm. „Das kann nicht sein. Niemand war in deinem Zimmer, Matthias“ antwortet seine Mutter. „Bestimmt war es Lars, wo ist er?“ „Nein, Lars ist heute bei seinem Freund Stefan.“ „Aber Mama, er war’s bestimmt!“ „Bevor Lars nicht nach Hause kommt, können wir das nicht klären. Spiel inzwischen in deinem Zimmer.“ Matthias geht immer noch wütend in sein Zimmer und knallt die Tür zu. Er legt sich auf sein Bett und sieht seine Sammlung von weitem an. Sein Bruder nimmt immer alles ohne zu fragen aus seinem Zimmer und bringt es nicht mehr zurück. Matthias wird müde und über kurz oder lang schläft er ein.
Im Erdgeschoss ist es laut. Matthias‘ Mutter streitet offensichtlich mit Lars. Matthias springt schlaftrunken aus dem Bett und verlässt sein Zimmer. Lars steht mit seiner Mutter am Treppenabsatz. „Also hast du die Kugel nicht aus Matthias‘ Zimmer genommen?“ „Nein, Mama, ganz bestimmt nicht. Ich weiß ja, dass ich Ärger kriege, wenn ich was aus Matthias‘ Zimmer nehmen ohne zu fragen.“ „Du nimmst immer ohne zu fragen!“, ruft Matthias dazwischen. „Das stimmt nicht!“, antwortet Lars sehr laut. Er läuft vorbei an Mama und Matthias in sein eigenes Zimmer und knallt die Tür zu. „Matthias, er hat es vermutlich wirklich nicht genommen. Schau nochmal in deinem Zimmer und bei Gelegenheit kannst du zusammenräumen.“ „Ach, Mama, …“ seufzt Matthias und geht ebenfalls in das Obergeschoss. In seinem Zimmer angelangt, sucht er noch einmal, aber die Kugel ist nirgends zu finden. Plötzlich klopft es leise an seiner Tür. Matthias öffnet sie und sein Bruder steht mit gesenktem Kopf im Türrahmen. „Matthias, ich habe gelogen, aber lass es mich erklären. Stefan lebt in einem ganz schlimmen Zuhause. Seine Eltern streiten sich dauernd und sein Vater trinkt viel Bier. Stefan hat mir erzählt, dass sein Vater ihm manchmal eine Ohrfeige gibt, wenn er getrunken hat. Ich wollte doch meinem armen Freund eine Freude machen. Er tut mir so leid. Jetzt wollte ich ihm die Kugel zu Weihnachten schenken. Er bekommt doch nie etwas von seiner Familie.“ Lars beginnt leise zu schluchzen. Matthias ist erschüttert. Nicht darüber, dass Lars doch die Kugel genommen hat, sondern dass der fröhliche kleine Stefan es nicht so gut hat, sie Lars und Matthias. „Wo hast du denn die Kugel?“, fragt Matthias sanft. „In meinem Zimmer“, erwidert Lars immer noch geknickt. „Weißt du, Lars, du hast meine Lieblingskugel erwischt. Das konntest du nicht wissen. Weißt du was, ich habe hier eine Schneekugel mit einem Weihnachtsbaum, die Weihnachtsmusik spielt. Wäre das nicht besser?“ Matthias geht zum Kasten. Die weihnachtlichen Schneekugeln räumt Matthias nach den Feiertagen immer in den Kasten. Kurz vor Weihnachten holt er sie hervor und stellt sie als Dekoration auf das Fensterbrett. „Oh ja, das wäre noch viel besser. Danke, Bruder!“ Matthias nimmt seine schönste Kugel hervor und übergibt sie Lars. Lars umarmt seinen Bruder so wild, dass sie beide beinahe umfallen.
Einen Tag vor Weihnachten kommt Stefan zu Besuch. Matthias findet, man sieht es Stefan nicht an, dass er so ein trauriges Leben führt. Er steht neben den beiden Jüngeren und sieht zu, wie Lars dem Jungen das Geschenk überreicht. Dieser öffnet das liebevoll verpackte Geschenk. In diesem Moment beginnt er ganz fürchterlich zu schluchzen. „Noch nie habe ich sowas Schönes bekommen, danke Lars.“ „Gerne, mein Bruder und ich schenken dir das von Herzen.“ „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Kurzerhand umarmt Stefan die beiden Brüder und schluchzt noch lauter. Das hört die Mutter in der Küche und betritt das Wohnzimmer, in dem die drei Jungs stehen. „Was ist denn hier los?“ Stefan versteckt seine Tränen hinter den beiden Brüdern. „Mama, darf Stefan zum Essen bleiben?“ „Klar, wir haben genug. Wirklich alles in Ordnung?“ Stefan kommt hervor und antwortet: „Ja, vielen, vielen Dank.“ Alle gehen in die Küche und auch Stefan hat ein Lächeln auf den Lippen. In der Hand die Schneekugel mit dem Weihnachtsbaum.
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