Es ist nicht alles gold was glänzt!
„Puh, die letzten Prüfungen geschafft“, freut sich Svenja. Sie lächelt ihre Freundin strahlend an. „Ja, Gott sei Dank“, erwidert Nina. „Jetzt freue ich mich umso mehr auf Weihnachten“, sagt Svenja. Doch Nina scheint nicht so begeistert zu sein. Als Nina nicht reagiert, bohrt Svenja nach: „Warum bist du, wenn es um Weihnachten geht, immer so eigenartig.“ „Ich mag Weihnachten nicht so gern.“ „Das verstehe ich nicht, dein Weihnachten ist immer so üppig.“ Svenja ist ein bisschen zickig, denn Ninas Familie ist reich und beschenkt das Mädchen jedes Jahr reichlich. Manchmal ist sie neidisch. „Komm, lass uns einen Snack holen gehen“ weicht Nina aus. Svenja beschließt, das Thema vorerst ruhen zu lassen. Vorerst.
Am nächsten Tag ist Nina nicht in der Schule. Svenja versucht, ihre Freundin übers Handy zu erreichen, bekommt aber keine Rückmeldung. Spontan entscheidet sich Svenja dazu, den letzten Schultag vor Weihnachten zu schwänzen und zu ihrer Freundin nach Hause zu gehen. Doch so weit kommt Svenja nicht, denn ihre Freundin sitzt auf einer Parkbank und friert. „Nina, um Gottes willen, was machst du denn hier in der Kälte?“ Svenja hastet zu ihrer zitternden Freundin. „Hä? Was?“ Nina scheint sehr verwirrt zu sein. „Oh, Svenja, solltest du nicht in der Schule sein?“ „Ja, genauso wie du, Nina. Jetzt raus mit der Sprache, was ist los.“ Svenja legt den Arm um Nina. Da fängt das junge Mädchen an, zu weinen. Durch die Hände hindurch flüstert sie: „Er lässt mich einfach nicht in Ruhe. Ich kann nicht mehr.“ „Wer lässt dich nicht in Ruhe?“, fragt Svenja besorgt. „Mein Onkel. Er ist wie jedes Jahr hier und er …“, Nina spricht nicht weiter und schluchzt noch heftiger, aber Svenja kann sich schon vorstellen, um was es geht. Entsetzt weiß sie nicht, wie sie jetzt reagieren soll und sagt das einzige, was ihr einfällt: „Wir gehen jetzt zu mir und du erzählst alles meiner Mutter.“ „Was, nein, das kann ich nicht, Svenja. Bitte, er sagt, er bringt mich …“, wieder endet der Satz in einem kräftigen Schluchzen. „Nein, das tut er nicht, denn meine Mama kann dir helfen.“ Svenja nimmt die Hand ihrer Freundin und geht mit ihr nach Hause.
Im Haus riecht es nach würzigem Braten und Kraut. Svenja hilft ihrer Freundin aus der dicken Winterjacke und führt sie in die Küche. Svenjas Mutter dreht sich kurz um und sagt fröhlich: „Na, Mädels, was macht ihr denn hier.“ „Mama, du musst Nina helfen.“ Der sorgenvolle Ton ihrer Tochter macht sie aufmerksam. „Was ist denn passiert?“, fragt Svenjas Mutter ruhig. Nina fängt wieder heftig an zu schluchzen und Svenjas Mutter nimmt Nina einfach in den Arm. Als Sozialarbeiterin kennt sie diese Ausbrüche genau. Nina weint lange in den Pullover von Svenjas Mutter. Dann setzen sich alle ins Wohnzimmer und Nina schildert mit leiser Stimme, was jedes Jahr zu Weihnachten passiert, seit ihre Mutter vor zehn Jahren gestorben ist. Nach Beenden der ganzen Geschichte huscht ein schüchternes Lächeln über Ninas Gesicht. Die Erleichterung ist förmlich im Raum zu spüren.
Nachdem Svenjas Mutter einige Telefonate geführt hat und alles nach Vorschrift eingeleitet hat, setzt sie sich zu Nina und sagt: „Ich habe mit deinem Vater telefoniert. Er macht sich große Vorwürfe, weil er dich mit dem Onkel allein gelassen hat. Sein Flug wurde gestrichen, deshalb kann er erst morgen um Mitternacht hier sein. Die Polizei ist auch schon unterwegs zu dir nach Hause, um den Mann festzunehmen. Möchtest du Weihnachten bei uns verbringen, bis alles geklärt ist?“ Die Hoffnung in Ninas Augen ist überwältigend. „Das wäre wundervoll!“, antwortet Nina schniefend und umarmt ihre Freundin. Svenja drückt sie fest an sich und schämt sich, dass sie neiderfüllt war. Dieses Weihnachten wird in jeder Hinsicht anders, als alle anderen. Sie schwört sich, alles dafür zu geben, dass die tiefen Wunden ihrer besten Freundin heilen können.
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