Wer hat den Braten geklaut?
Heute ist Heiliger Abend. Mit Tannenzweigen und Kerzen ist das Haus geschmückt. Der hübsche Baum trägt rote Kugeln, goldene Maschen und glänzende Perlen, Zapfen und Strohsterne. Alles ist bereit für das Fest. Die Großmutter kocht zusammen mit der Mutter und der ältesten Tochter Sophia das Weihnachtsessen am knisternden Holzherd. Es war ein gutes, ertragreiches Jahr. Das Gemüse ist größer und saftiger als letztes Jahr und durch die hervorragende Qualität der Ernte kann sich die Familie heuer einen saftigen Gänsebraten leisten, statt der üblichen Hühnerkeulen. Das muss gefeiert werden.
Der Winter ist eine Zeit der Ruhe und Muße. Es herrscht allgemeine Dankbarkeit über das erfolgreiche, vergangene Jahr und Hoffnung für das nächste Jahr. Auch die kleine Maria freut sich auf den köstlich duftenden Braten. Sie sieht aus dem Fenster. Eisblumen verzieren die alten Glasscheiben. Irgendetwas huscht immer wieder am Fenster vorbei, aber Maria kann nicht erkennen, was oder wer das ist. Vielleicht ist es das Christkind, denn jeder redet davon. Maria versteht aber nicht, warum das kleine Ding so scheu ist. Kein Ärger droht ihr in dem alten Haus, in dem Maria wohnt. Ihre beiden Brüder Hans und Peter sind zwar manchmal garstig, aber ansonsten liebe Jungs. Maria denkt nach und kommt zu dem Schluss, dass dieses geschäftige kleine Lichtlein vielleicht Hunger hat. Natürlich isst es nur vom Feinsten und keine Rüben.
Die Kleine schleicht sich in die Küche und beobachtet das Treiben. Es wird Gemüse geputzt und der Braten mit köstlicher Brühe übergossen. Im geeigneten Augenblick schnappt sich Maria die Kasserolle und flitzt durch die Hintertür hinaus. Es beginnt zu dämmern und Maria kann nur mehr Umrisse erkennen. Wieder sieht sie eine Gestalt vorbeihuschen, aber größer als die Stallkatzen, die immer ums Haus schleichen. Der Braten ist schwer und das Gefäß heiß, sie stellt es auf die Fensterbank. In diesem Augenblick wird es um Maria etwas heller. Sie kann nicht genau erkennen, wer vor ihr steht, weil die Gestalt in reines Licht gehüllt ist. „Hast du Hunger?“, flüsterte die nervöse Maria. Die Lichtgestalt schwebt nur vor ihr hin und her. Das Wesen scheint sich zu verbeugen. Maria spürt eine starke Dankbarkeit und Liebe in ihrer Brust. Obwohl sie erst fünf ist, hat sie sofort verstanden, dass das Licht kein Essen braucht. Glücklich geht Maria mit dem Braten in das Haus zurück.
In der Küche herrscht große Aufregung, denn das Verschwinden des Bratens ist nicht unentdeckt geblieben. „Wer hat den Braten geklaut? Hans! Peter! Habt ihr uns wieder einen Streich gespielt?“ Während die Großmutter und die Mutter die Jungs suchen, bringt Maria den Braten an seinen Platz zurück. Sie will nicht, dass die Jungs Ärger bekommen und läuft den anderen nach. „Ich habe den Braten nur kurz ausgeliehen, er steht wieder am Herd“, sagt Maria schüchtern. „Ausgeliehen? Aber was ist das denn für ein Unsinn, kleine Maria?“ fragt die Mutter mit erhobenen Zeigefinger. „Das Christkind war vor der Tür, aber es hatte keinen Hunger“, erwidert Maria. Alle fangen an, zu lachen. Niemand will Maria Glauben schenken. Aber das macht nichts, Maria spürt immer noch die Wärme in ihrem Inneren.
Nach dem Feiertagsmahl sitzt die ganze Familie am Baum und singt Lieder. Da findet Sophia eine kleine Schachtel unter dem Weihnachtsbaum. Auf dieser Schachtel steht Marias Name. Erstaunt sehen die Familienmitglieder zu, wie Maria die Schachtel öffnet. In ihrem Inneren befinden sich ein köstlicher Karamellapfel und drei Zimtsterne. Auf einem Zettel steht: „Der Apfel für den Braten, ein Zimtstern für deine Ehrlichkeit, ein Stern für deine Hilfsbereitschaft und einer für deinen unerschütterlichen Glauben.“
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Roman B.
Nehmt diesen Gruss freundlich entgegen,
wo Wärme Herzen mag bewegen,
wenn Wünsche eilen – nah und weit –
durch selig süsse Weihnachtszeit.
-> Jutta Kleber